Employer Branding: Die eigene Institution als Arbeitgeber positionieren

Noch ist es für Hochschulen unüblich, sich strategisch als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Auf dem Marketingkongress von GATE-Germany wurden Möglichkeiten vorgestellt, das zu ändern.

Unten ist ein Tablet abgebildet von dem mehrere gestrichelte Linien abführen, die in Kreise münden in denen verschiedenste Personen abgebildet sind.

Für große, international tätige Unternehmen ist es selbstverständlich, sich im Wettbewerb um Talente offensiv als attraktive und innovative Arbeitgeber zu positionieren. Zunehmend nutzen aber auch öffentliche Institutionen Employer Branding als Instrument und gewinnen so qualifiziertes Personal. An Hochschulen ist das aktive Werben mit einer strategisch entwickelten Arbeitgeberpositionierung bisher noch die Ausnahme. Beratungsunternehmen wie die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA), die sich auf Arbeitgebermarken spezialisiert haben, geben mit ihren Erfahrungen erste Anhaltspunkte für entsprechendes Hochschul- und Forschungsmarketing.

► Als Employer Branding wird der Aufbau und die Pflege einer Arbeitgebermarke bezeichnet. Da es vielfach an Personal- und Fachkräften mangelt, nutzen Organisationen die Methoden des Employer Branding und positionieren sich so gegenüber Mitarbeitern und möglichen Bewerbern als attraktive Arbeitgeber.

Warum braucht eine Hochschule eine eigene „Marke“ als Arbeitgeber, wenn sie bereits eine Reputation hat? Auch große Unternehmen kennen diese Frage. Oft erweist sich bei genauerem Hinsehen aber, dass das Außenbild nicht dem entspricht, was sich den Mitarbeitern eines Unternehmens zeigt. Ein einheitliches und unterscheidbares Bild als Arbeitgeber herauszuarbeiten, das auch mit der öffentlichen Markendarstellung in Einklang steht, ist Aufgabe des Employer Branding. Hat die Strategie Erfolg, so steigt der „Cultural Fit“: der Grad der Übereinstimmung in Bezug auf bestimmte Werte und Ziele zwischen den Bewerbern, den Mitarbeitern und der Organisation. 

Faktoren der Markenbildung

Institutionen, die eine Arbeitgebermarke schaffen wollen, müssen sich nach Einschätzung des DEBA-Experten Ingo Müller auf ein identifikationsschaffendes und differenziertes Bild festlegen, welches nach Außen wie Innen vertreten wird. Diese fällt in kleinen, homogenen Organisationen oft leichter als in großen Institutionen und Unternehmen, die bereits auf ein gefestigtes öffentliches Bild zurückgreifen. Zu den Informationen, die den Arbeitgeber charakterisieren, gehören Faktoren der Arbeitgeberqualität wie Vergütung, Fortbildungsprogramme und Forschungsinfrastruktur. Neben diesen rationalen Gesichtspunkten gibt es emotionale Faktoren der Markenbildung. Im besten Fall dient die Marke als Identifikationsangebot, fördert ein Gefühl von Zugehörigkeit und die gleichzeitige Abgrenzung zur Konkurrenz. Einer Studie zufolge hängt mehr als ein Drittel des Unternehmenserfolgs davon ab, ob sich die Mitarbeiter mit den Werten und Angeboten der Firma identifizieren.

Zukünftige Mitarbeiter eines Unternehmens stellen sich nach Einschätzung von Beratungsunternehmen vier zentralen Fragen:

  1. Wofür steht die Organisation? (Werte)
  2. Warum soll es ausgerechnet diese Organisation sein? (Identifikation, Unterscheidung)
  3. Wohin wird sie sich Organisation entwickeln? (Ziele)
  4. Welche Eigenschaften sind nötig, um in dieser Umgebung leistungsfähig zu sein? (Kultur)

Die eigenen Mitarbeiter als Werbeträger

Will der Arbeitgeber diese Fragen angemessen beantworten und sich entsprechend positionieren, bedarf es eines Zusammenspiels von drei Faktoren: In der Unternehmensberatung werden sie als Anker, Treiber und Differenziator bezeichnet. Während der Anker für die Kultur und innere Glaubwürdigkeit des Unternehmens steht, bezeichnet der Treiber die Bereitschaft zu Veränderungen. Unter dem Begriff Differenziator werden Elemente der Wiedererkennung und Abgrenzung zusammengefasst, die für den Arbeitsmarkt von Bedeutung sind. Dabei ist es wichtig, so Ingo Müller, die spezifischen Eigenschaften der Organisation zu erfassen und diese auch in Abgrenzung zu anderen Angeboten offen zu kommunizieren. Die Situation sei mit der eines Heranwachsenden zu vergleichen, der zunächst vor allem als Teil seiner Peer Group wahrgenommen werden will, mit zunehmendem Alter jedoch stärker auf die Eigenheiten setzt, die seinen Charakter bilden. Sich als Unternehmen klar zu positionieren, erhöhe sich die Chance wechselseitiger Zufriedenheit („Effektivität der Ehrlichkeit").

Auf der Suche nach den Werten der Institution wie auch bei der Implementierung der Arbeitgebermarke empfiehlt die Unternehmensberatung, die Mitarbeiter mit einzubeziehen. „Die eigenen Leute sind die effizientesten Werbeträger", sagte Ingo Müller. Zudem baue das rationale Fundament der Arbeitgeberwahl auf eine starke emotionale Komponente. Interne Angebote, ein angemessener Führungsstil, eine Feedbackkultur, eine erfolgreiche interne Kommunikation und identitätsstiftende Veranstaltungen seien deshalb von großer Bedeutung. 

Analogien zu Bildungsinstitutionen

Hochschulen und Forschungsinstitutionen fällt es oft schwer, die eigene heterogene Struktur mit der eines Firmenunternehmens zu vergleichen und die verschiedenen Fachkulturen in ihrer Komplexität auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ingo Müller sieht im Vergleich mit anderen komplexen Organisationen hier aber kein Problem: „Auch in internationalen, sehr unübersichtlichen Arbeitsumfeldern finden sich diese gemeinsamen Werte." Im Prozess der Selbstreflexion und im Austausch mit den Mitarbeitern würden diese oft deutlich. Dennoch bleibt die Herausforderung, in einem ausdifferenzierten Angebot, das von zahlreichen Einzelinteressen geprägt ist, klare und pointierte Aussagen über „Markenwerte“ zu treffen. Hochschulen und Forschungsinstitutionen wetteifern miteinander um die besten Köpfe. Ihre Ziele und Schwerpunkte voneinander abzugrenzen und Alleinstellungsmerkmale zu definieren, ist die Aufgabe erfolgreichen Hochschul- und Forschungsmarketings.