Wir stellen vor...

...nationale und internationale Partnerinnen und Partner, die Sie und Ihr Unternehmen unterstützen.

In unserer Interviewreihe lernen Sie nationale und internationale Akteure kennen, die Sie - deutsche KMU und Startups - und Ihr Engagement in Forschung und Entwicklung unterstützen. Lernen Sie diese Ansprechpersonen und ihre Arbeit in unseren Interviews kennen und nehmen Sie auch gern direkt den Kontakt auf. Und auch wir freuen uns über Ihre Fragen oder Anregungen!

Aber jetzt wird's es erst einmal spannend, denn hier folgt unser erstes Interview mit Dr. Rodrigo Pastl, Leiter des Liaison Office Brazil der Fraunhofer-Gesellschaft.

Porträt von Dr. Rodrigo Pastl, Leiter des Fraunhofer Liaison Office Brasilien, der im dazugehörigen Interview als erster Ansprechpartner für deutschen Unternehmen in der Interviewreihe 'Wir stellen vor...' präsentiert wird.

Dr. Rodrigo Pastl - in aller Kürze

  • Name: Dr.-Ing. Rodrigo Pastl Pontes
  • Arbeitgeber: Fraunhofer-Gesellschaft
  • Position: Leiter des Fraunhofer Liaison Office Brazil
  • Betriebszugehörigkeit:
    Seit 2020: Fraunhofer Liaison Office Brazil – São Paulo
    2013 – 2018: Fraunhofer IPK, Berlin
    Arbeitsort: São Paulo, Brasilien

Dr. Rodrigo Pastl, Leiter Fraunhofer Liaison Office Brasilien

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Ich beginne morgens meinen Tag im Büro mit einem Blick aus meinem Fenster zur Sonne und mit einem heißen Cappuccino. Dieser ist hier ganz anders, als man ihn in Deutschland kennt.
In Brasilien besteht ein Cappuccino nicht nur aus Kaffee und Milch, sondern zusätzlich aus Schokolade und Zimt.

Wenn wir alle im Büro sind, setzen wir uns üblicherweise kurz zusammen, um die anstehenden Aufgaben zu besprechen. Leider kommt dies aufgrund der Pandemie zurzeit kaum vor, was ich sehr vermisse. Am liebsten beschäftigen meine Kollegin und ich uns mit der strategischen Entwicklung der Fraunhofer-Gesellschaft in Brasilien. Um zu verstehen, wie wir diese umsetzen können, führe ich viele (virtuelle) Gespräche mit den Unternehmen, der Regierung und Universitäten. Ich entwickle neue Business Modelle und analysiere den brasilianischen Markt. Außerdem kümmere ich mich um die Social Media Präsenz der Fraunhofer-Gesellschaft in Brasilien.

Unsere Mittagspause dauert, anders als in Deutschland, eine bis eineinhalb Stunden. Vor der Pandemie bin ich jeden Tag mit den Kolleginnen und Kollegen aus umliegenden Büros ins Restaurant gegangen. In Brasilien erhält man zusätzlich zum Lohn vom Arbeitgeber ein „Ticket Refeição“. Mit dieser Karte kann man im Restaurant bezahlen. In Brasilien isst man gerne viel Fleisch. Wir haben auch gutes Sushi, welches die japanischen Immigrantinnen und Immigranten mit ins Land gebracht haben. Insgesamt werden Speisen hier mit sehr vielen verschiedenen Zutaten, vielen Kräutern und Gewürzen zubereitet.

Nach der Arbeit geht man in Brasilien gerne noch zusammen in eine Bar und genießt die Live-Musik, die es an jeder Ecke gibt. Die Atmosphäre dort ist einfach großartig.

 

Welche Angebote macht Ihre Institution zum Thema Forschungsaustausch?

Unsere wichtigste Aufgabe ist es, Menschen zu verbinden und Austausch sowie Kooperation auf den Weg zu bringen. Wir bieten an erster Stelle Technologietransfer und Austausch von Forscherinnen und Forschern von und nach Deutschland und Brasilien an.

Außerdem unterstützen wir Unternehmen bei der Zusammenarbeit in internationalen Projekten sowie bei der Entwicklung neuer Prozesse, Produkte und Dienstleistungen. Oft kommen brasilianische Unternehmen auf uns zu, aber auch wir gehen aktiv auf diese zu. Wir ermitteln Bedarfe und versuchen diese dann mit unseren Angeboten abzudecken. Besonders stolz macht es mich, dass wir durch unsere Arbeit das Innovationsökosystem Brasiliens aktiv mitgestalten und beeinflussen!

 

Was macht für Sie einen guten Forschungsaustausch aus? Können Sie von einer Erfolgsgeschichte berichten?

Alle müssen etwas vom Austausch haben! Nach meiner Erfahrung entsteht eine solche Win-win-Situation, wenn sich alle Forschungspartner mit dem Projekt oder der Kooperation weiterentwickeln. Wir suchen deshalb nach Partnern, die zusammen etwas lernen und leisten möchten.

Ich kann gleich von mehreren Erfolgsgeschichten berichten: Die erste ist die Implementierung der SENAI Innovation Institute in Brasilien unter Mitwirkung des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK. Dabei wurde vor 10 Jahren das Fraunhofer-Geschäftsmodell erfolgreich an die Gegebenheiten Brasiliens angepasst.

Die zweite Erfolgsgeschichte ist die Partnerschaft zwischen dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV und ITAL Institute of Food Technology in Campinas – dabei ist eine Fraunhofer Innovation Plattform in New Food Systems entstanden, in der innovative Lebensmittelverpackungen entstehen. Diese Partnerschaft besteht nunmehr schon seit 2011.

Die dritte Erfolgsgeschichte beruht auf einer 2009 begonnenen Zusammenarbeit des Fraunhofer IPK mit dem ITA in São José dos Campos. Dort wurde ein Fraunhofer-Project-Center „Advanced Manufacturing“ eingeführt, das sich mit Industrie 4.0 beschäftigt.

 

Welche kulturellen und rechtlichen Besonderheiten sollten deutsche Unternehmen in Brasilien beachten?

Brasilien ist ein sehr bürokratisches Land, in dem korrekt ausgefüllte Unterlagen sehr wichtig sind. Erst wenn Verträge unterschrieben sind, können gemeinsame Projekte starten. Ein mündliches „ok“ ist in Brasilien leider nicht ausreichend. Manchmal gehen Unterlagen auf mysteriöse Weise verloren. Es ist deshalb ratsam, immer mal wieder nachzufragen und am Ball zu bleiben. Die geschäftliche Kommunikation läuft - anders als in Deutschland - zu 90 Prozent über WhatsApp, das macht die Arbeit erheblich schneller.

Beim Thema Pünktlichkeit müssen Deutsche sich in Brasilien etwas umstellen: Bis zu 30 Minuten Verspätung sind in Brasilien immer noch pünktlich. Feierabend, Wochenende oder Urlaub kennt man in Brasilien nicht. Es wird erwartet, dass man jederzeit für geschäftliche Belange erreichbar ist. Geschäftliche Telefonanrufe auch nach 20 Uhr sind also nicht so selten.

Man isst gerne in Brasilien, am liebsten mit anderen. In italienischen Restaurants, bestellt nicht jede und jeder seine eigene Pizza, denn diese sind viel größer und mit deutlich mehr Belag als in Deutschland. Mehr als zwei oder drei Stücke schafft niemand. Als beliebter Nachtisch wird Pizza mit Schokolade serviert.

 

Wie stellen Sie sich Ihren Beruf in 20 Jahren vor?

Ich erhoffe mir ein Fraunhofer-Büro mit vielen Kolleginnen und Kollegen, die viel Lärm machen und gute Energie erzeugen. Fraunhofer ist dann die stärkste Marke für angewandte Forschung in Brasilien. Wir präsentieren uns und unsere Themen in vielen Formaten im Internet aber auch in lokalen Fernsehsendungen. Wir als Fraunhofer Liaison Office Brasilien treiben dann die Marktorientierung für Startups und Spin-offs voran.

In 20 Jahren werden wir hybrid arbeiten. Persönliche Treffen wird es auch dann noch geben, denn der Mensch ist ein soziales Wesen. Ich kann mir vorstellen, dass wir dann die Reisezeit, die wir noch im Flugzeug oder in der Bahn verbringen, für virtuelle Meetings mit Avataren per Datenbrille nutzen.

Fraunhofer-Gesellschaft

Leiter des Fraunhofer Liaison Office Brazil

Dr.-Ing. Rodrigo Pastl Pontes

  • São Paulo, Brasilien